Das Prinzip Der Selbstverantwortung - Das Prinzip der Selbstverantwortung

Das Prinzip der Selbstverantwortung

Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie immens wichtig Selbstverantwortung für ein funktionierendes System ist und wo die Grenzen unserer Selbstverantwortung in unserer Gesellschaft liegen.

In der agilen Arbeitswelt von heute wird Selbstverantwortung von vielen Unternehmen großgeschrieben und von Mitarbeiter*innen eingefordert. Doch was bedeutet Selbstverantwortung? Welche unterschiedlichen Stufen von Selbstverantwortung gibt es? Was kann ich als Führungskraft tun, um die Selbstverantwortung meiner Mitarbeiter*innen zu fördern?

 

Was ist Selbstverantwortung?

Unter Selbst- bzw. Eigenverantwortung versteht man die Bereitschaft und die Pflicht, für das eigene Handeln und Unterlassen Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, dass man für das eigene Tun und Lassen einsteht und die Konsequenzen, etwa in Form von Sanktionen, dafür trägt. Doch die Konsequenzen für das eigene Handeln zu tragen fällt uns oftmals nicht leicht und so suchen wir die Schuld bei anderen.

Aus Erkenntnissen der Sozialpsychologie wissen wir, dass wir das Verhalten von anderen Menschen auf deren Persönlichkeit zurückführen, unser eigenes Verhalten hingegenauf die Situation oder die Umstände. So fällt es uns leichter, unsere Mitmenschen zu bewerten, indem wir die sich vordrängende Person an der Kassa für undiszipliniert halten – wir hingegen würden dieses eigene „Fehlverhalten“ einer Situation zuschreiben („Ich verpasse sonst den Bus“), um dadurch unser Selbstwertgefühl zu schützen.

 

Selbstverantwortung zu übernehmen bedeutet, dass ich …

  • mich nicht mehr in der Opferrolle sehe
  • bewusst das Steuer meiner Lebensführung übernehme
  • sage: „Ich kann“ und „Ich will“
  • meine eigene Angst überwinden und für eine Sache eintreten lerne
  • bei Fehlentscheidungen auch bereit bin, die Konsequenzen zu tragen, und die Schuld nicht bei anderen suche
  • lerne, stärker auf mein Bauchgefühl zu hören
  • Verantwortung für mein Handeln übernehme
  • lerne, anstelle von „man“ in der „Ich-Form“ zu sprechen
  • nach dem Motto „Love it, change it or leave it“ lebe
  • meinen Fokus stärker auf mich lenke als auf mein Umfeld
  • mich nicht im ständigen Vergleich mit anderen befinde
  • eine positive Haltung bewahre und auf andere Menschen offen zugehe
  • lerne, mich mit mir auseinanderzusetzen, meine Stärken und Schwächen kenne und mich persönlich weiterentwickle
  • lerne, mich selbst zu akzeptieren

 

Selbstverantwortung – unabdingbar für den Weg aus der eigenen Unzufriedenheit

Gerade der Weg aus der eigenen Unzufriedenheit – wie beispielsweise, nicht den richtigen Job gefunden zu haben und jeden Tag mit Bauchweh in die Arbeit zu gehen oder nächtelang wach zu liegen – lässt so manchen lieber in der eigenen Opferrolle verharren als den Mut aufzubringen, Entscheidungen zu treffen und einen neuen Weg einzuschlagen. Lieber trifft man keine Entscheidung und lernt, sich mit der Situation zu arrangieren, als Gefahr zu laufen, eine falsche Entscheidung zu treffen.

Doch die Folgen einer lange anhaltenden Unzufriedenheit hinterlassen ihre Spuren und haben ihren Preis.

Nur Sie selbst können sich aus der Opferrolle befreien. Denn Glück ist, wie der Philosoph, Managementberater und Führungsexperte Dr. Reinhard K. Sprenger schreibt, „das Ergebnis von selbstverantwortlichem, entschiedenem Handeln“. Zögern Sie nicht, sich gegebenenfalls Unterstützung zu holen! Schließlich rufen Sie auch einen Installateur, wenn Ihre Heizung defekt ist, oder nehmen das Service eines Technikers in Anspruch, wenn Ihr Laptop nicht funktioniert.

Gerade im Coaching oder in einer Karriereberatung können für Ihre aussichtslose Situation Alternativen aufgezeigt und Lösungswege gemeinsam erarbeitet werden, damit Sie wieder neuen Mut fassen und zufriedener durchs Leben gehen.

 

Stufen der Selbstverantwortung

 Grundsätzlich können wir uns auf unterschiedlichen Stufen der Selbstverantwortung bewegen:

 

Stufe 1: Der Machtlose

Zu den Machtlosen zählen jene Menschen, die sich scheuen, Verantwortung zu übernehmen. Sie machen einfach ihren Job und warten darauf, genaue Anweisungen von ihrer Führungskraft zu erhalten. Bei Fehlern suchen sie die Schuld bei anderen. Wenn sie unzufrieden sind, dann hadern sie mit ihrer Situation, sind aber nicht bereit, etwas daran zu verändern. Lieber sollen sich andere bewegen, als dass sie selbst etwas ändern. Kreative Ausreden sind dabei keine Seltenheit.

 

Stufe 2: Der Umsetzer

Menschen auf dieser Stufe übernehmen in gewissem Maße Verantwortung. Sie fragen von selber nach, ob sie etwas tun können, bringen sich auch ein und erfüllen die ihnen übertragenen Aufgaben.

Viele Führungskräfte geben sich damit zufrieden, wenn ihre Mitarbeiter*innen diese Stufe erreicht haben. Doch dabei bleibt ungenütztes Potenzial leider oftmals auf der Strecke.

 

Stufe 3: Der Problemlöser

Der Problemlöser handelt proaktiv nach der Einstellung „Ich mache alles, was mir möglich ist“ und bringt sich engagiert ein. Er fragt nicht nur nach, sondern sieht die Dinge und handelt selbstverantwortlich. Er möchte etwas zum Gesamtbild beitragen und übernimmt komplexe Aufgaben statt einzelner Tätigkeiten.

 

Stufe 4: Der Gestalter

Auf der letzten Stufe befindet sich der Gestalter. Er handelt nach dem Prinzip „Ich werde alles tun, was notwendig ist“. Er beginnt, Strukturen zu hinterfragen und zu verändern, sucht nach neuen Lösungen und übernimmt Verantwortung für sein eigenes Handeln.

Der Gestalter übernimmt die Verantwortung für sich selbst und das Scheitern oder den Erfolg eines Projektes. Er steht hinter seinen Aufgaben und treibt Veränderungen voran. Er möchte etwas gestalten, bewirken und in Bewegung setzen. Er lebt für die Sache, ist motiviert und arbeitet mit Leidenschaft. Er scheut sich nicht, auch unbeliebte Entscheidungen zu treffen.

Versuchen Sie, einzuschätzen, auf welcher Stufe der Selbstverantwortung Sie sich gerade bewegen. Überlegen Sie sich, was Sie konkret tun können, um einen Schritt weiterzukommen. Gratulation, wenn Sie sich bereits auf der letzten Stufe befinden!

Gerade Unternehmen können durch die Förderung einer gesunden Kommunikationskultur zur Selbstverantwortung ihrer Mitarbeiter*innen beitragen. Ehrliches und konstruktives Feedback ist dafür eine wichtige Voraussetzung!

 

Empfehlung zur Stärkung der Selbstverantwortung bei Ihren Mitarbeiter*innen

Es ist ein Irrglaube vieler Führungskräfte, dass sie mit der Delegierung einer Tätigkeit automatisch auch die Verantwortung an ihre Mitarbeiter*innen übertragen  haben. Denn Sie als Führungskraft können an Ihre Mitarbeiter*innen nur dann Verantwortung abgeben, wenn Ihre Mitarbeiter*innen auch dazu bereit sind. Andernfalls werden Ihre Mitarbeiter*innen zwar ihren Job erfüllen, aber die Verantwortung dafür wollen sie nicht übernehmen, sondern diese liegt ganz klar bei Ihnen.

Um die Selbstverantwortung bei Ihren Mitarbeiter*innen zu stärken, ist es wichtig, ihnen einen Vertrauensvorschuss zu geben und sie nicht gleich bei jedem Fehler zu korrigieren und den Rotstift anzusetzen. Denn Fehler passieren. Es darf nur nicht derselbe Fehler mehrmals passieren. Außerdem braucht es eine gute Feedbackkultur im Team. Stärken Sie Ihre Mitarbeiter*innen, selber nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, und servieren Sie ihnen bei jedem Problem nicht gleich die Lösung auf dem Silbertablett. Denn damit nehmen Sie ihnen die Selbstverantwortung! Setzen Sie Ihre Mitarbeiter*innen dort ein, wo ihre Stärken liegen, und überschütten Sie sie nicht mit unzähligen Ratschlägen, sondern regen Sie sie vielmehr dazu an, ihre eigenen Sichtweisen zur Problemlösung einzubringen. Schließlich lehrt uns schon eine alte chinesische Weisheit: „Gib einem Hungernden einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Hungernden das Fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“