Umgang Mit Ärger - Mensch Ärgere dich nicht – Wie Sie mit Ihrem eigenen Ärger besser umgehen lernen

Mensch Ärgere dich nicht – Wie Sie mit Ihrem eigenen Ärger besser umgehen lernen

Wer kennt nicht die Situation aus dem beliebten Brettspiel „Mensch ärgere dich nicht“, wo bereits die eigenen Spielfiguren bis auf eine im markierten Zielfeld stehen und der eigene Gewinn nur noch von der richtig gewürfelten Zahl abhängt. Doch leider macht uns der Gegenspieler einen Strich durch die Rechnung, indem er unsere letzte Spielfigur kurz vor dem Ziel mit einem geglückten Wurf an den Start zurückkatapultiert. Während der Gegenspieler triumphiert, ärgern wir uns ganz fürchterlich, weil wir wieder von vorne beginnen müssen.

Doch wie entsteht eigentlich Ärger? Hat Ärger eigentlich auch etwas Gutes? Und wie können wir besser mit Ärger umgehen? Diesen und weiteren Fragen gehe ich im folgenden Artikel auf den Grund.

 

Entstehung des Ärgers

Ärger und Wut (wobei Wut eine gesteigerte Form angestauten Ärgers ist) gehören neben Freude, Trauer, Überraschung und Ekel zu den sogenannten Grundgefühlen. Diese sind angeboren und daher bei allen Menschen ähnlich.

Das Erleben von Ärger ist ein Anzeichen für Erwartungsverletzungen, die oft aus zwischenmenschlichen Beziehungen herrühren, wenn unsere eigenen Erwartungen, Ziele oder Bedürfnisse durch das Verhalten von anderen nicht erfüllt werden bzw. wir uns angegriffen fühlen und unser Selbstwertgefühl durch eine andere Person verletzt wird. Ärger entsteht, wenn eine andere Person über meine eigenen Grenzen geht oder nicht zulässt, dass ich meine eigenen Grenzen erweitere.

Gefühle wie Ärger lassen sich nicht immer in den Griff kriegen und lassen sich auch nicht ausschalten, auch wenn wir uns das in manchen Situationen wünschen würden, doch wir können lernen, den Ärger besser wahrzunehmen und zu lernen, ihn zu steuern, statt von ihm gesteuert zu werden.

Für die Emotionen ist der limbische Bereich des Gehirns zuständig, das Wahrheitsgehirn, jenes Gehirn, das auf äußere und innere Reize reflexartig und unmittelbar reagiert. Gerade im Berufsleben, wo Sachlichkeit an erster Stelle steht, stören Emotionen und wir würden sie am liebsten ausschalten. Doch durch die Verbindung zahlreicher Nervenbahnen sind emotionale Impulse und rationales Denken miteinander verbunden, was bedingt, dass dies einfach nicht möglich ist. Unsere Körpersprache ist aus diesem Grund immer aktiv, d. h. selbst wenn wir äußern, dass wir uns nicht ärgern, drückt unsere Körpersprache Gegenteiliges aus. Solche Doppelbotschaften sind für unser Gegenüber irritierend.

 

Analyse des Ärgers

Wenn Sie verstehen, was Ihren Ärger auslöst, können Sie die Botschaft des Ärgers besser interpretieren und besser damit umgehen.

Dazu möchte ich Sie zu einer kleinen Übung einladen:

In einem ersten Schritt stellen Sie sich eine Situation vor, in der Sie sich besonders geärgert haben. Bitte nehmen Sie nun ein Blatt-Papier und einen Buntstift zur Hand, malen ein Strichmännchen auf und kennzeichnen die Stelle, an der Sie den Ärger spüren (z. B. in den Füßen, im Bauch, in der Brust, in den Armen oder im Kopf) mit Farbe. In weiterer Folge markieren Sie mit einer anderen Farbe die Stelle, wo sich der erste Spürpunkt befindet, als Sie den Ärger zum ersten Mal bemerkt haben.

In einem zweiten Schritt geht es um die Analyse, was Ihren Ärger auslöst. Führen Sie dazu eine Liste und beantworten Sie folgende Fragen: Worüber ärgere ich mich am meisten? In welchen Situationen tritt dieser Ärger auf? Das können auch nur Kleinigkeiten sein, die Sie aber in der jeweiligen Situation auf die Palme bringen, wie beispielsweise, wenn jemand nicht pünktlich zum verabredeten Termin erscheint, wenn jemand Sie nicht ausreden lässt oder wenn sich jemand nicht an eine besprochene Vereinbarung hält.

In weiterer Folge priorisieren Sie Ihre Liste nach der Intensität des Ärgers, d. h. bei welchen Handlungen Sie den meisten Ärger und bei welchen einen geringen Ärger spüren.

Wenn Sie nun die Liste vor sich sehen, fragen Sie sich, was Sie aus der Liste über sich selbst erkennen.

 

Dankbarkeit für den Ärger

Welchen Nutzen hat der Ärger? Welches Bedürfnis steckt dahinter?

Es ist nie nur das Ereignis selbst, das unseren Ärger auslöst, sondern unsere Wahrnehmung und Bewertung der Situation. Wenn Sie Ihre Bewertung ändern, ändert sich automatisch auch das negative Gefühl, welches durch die Situation hervorgerufen wird. Indem es Ihnen gelingt, die eigenen Annahmen zu hinterfragen und sich in den anderen hineinzuversetzen und Verständnis aufzubringen, können Sie Ihren Ärger reduzieren und eine Distanz zu der Ihren Ärger auslösenden Situation aufbauen.

Es klingt grotesk, aber Sie können Ihrem Ärger auch dankbar sein, denn dieser macht Sie auf Ihre Grenzen aufmerksam und zeigt Ihnen einen Impuls zur Veränderung auf. Wandeln Sie Ihren Ärger in positive Energien um.

Fragen Sie sich, was Sie mit dem Ärger erreichen, was Sie ohne diesen nicht erreichen würden.

Führen Sie am besten ein Ärger-Tagebuch. Schreiben Sie dabei in drei Spalten auf:

    1. Worüber haben Sie sich heute geärgert?
    2. Welches Bedürfnis, Interesse und Ziel steckt dahinter?
    3. Welche Handlungsmöglichkeiten hätten Sie, um gut für sich zu sorgen?

 

Hilfreiche Tipps im Umgang mit Ärger

In jenen Situationen, in denen Sie einen besonderen Ärger spüren, kommt es zu einem Tunnelblick und möglicherweise zu Affekthandlungen. Das Handeln im Affekt führt in vielen Fällen zu erheblichen Nachteilen und Konsequenzen, was dazu führt, dass Sie Ihr impulsives Verhalten bereuen. Schaffen Sie lieber eine Distanz zu Ihrem Ärger, indem Sie

    1. einen langen Spaziergang machen oder Sport betreiben, um Ihren geladene Emotionspegel wieder zu minimieren.
    1. eine Nacht darüber schlafen, denn mit etwas Abstand sehen viele Dinge anders aus.
    1. ca. eine Minute lang langsam kleine Schlucke Wasser trinken. Dies wirkt dem höheren Puls und der Kurzatmigkeit bei besonders starkem Ärger entgegen. Durch den Schluckreflex reizen Sie einen Teil des vegetativen Nervensystems, den Parasympathikus, der auch als Erholungsnerv bezeichnet wird. Dieser stimmt Ihren Körper auf Ruhe und Erholung ein.
    1. sich bewusst machen, dass Ihr Ärger die Situation nicht ändern wird und Sie sich im Moment nur selbst schaden.
    1. einen Stopp-Hebel setzen, indem Sie bewusst und laut „Stopp“ zu sich selbst sagen. Wiederholen Sie das Wort „Stopp“ mehrmals, bis Sie auf andere Gedanken kommen.
    1. Ihre ärgerlichen Gedanken mit einer Comicfigur-Stimme, wie z. B. der von Mickey Mouse, laut aussprechen oder singen.
    1. sich durch gezielte Atemübungen entspannen: Atmen Sie bis tief in den Bauchraum ein und dann lassen Sie den Atem wieder ausströmen. Halten Sie den Atem an und zählen von 1001 bis 1006 (eintausendundeins, … , eintausendundsechs), dann atmen Sie wieder ein, atmen aus und halten den Atem wieder an, während Sie zählen. Führen Sie mehrere Durchgänge durch, bis sie wieder mehr Ruhe und Gelassenheit spüren.
    1. Ihre wütenden Gedanken aufschreiben, um den Ärger auf den Punkt zu bringen.
    1. gute Miene zum bösen Spiel machen: Sie können Ihre Emotionen durch Ihre Körpersprache positiv beeinflussen, indem Sie lächeln oder eine fröhliche Melodie singen. Sie werden merken, wie die Anspannung in Ihrem Körper nachlässt.
    1. sich Ihr eigenes Mantra überlegen, um in einen Zustand innerer Entspannung zu gelangen und den Ärger abzubauen. Dies kann ein einfacher Spruch sein wie beispielsweise „In der Ruhe liegt die Kraft“ oder „Es lohnt sich einfach nicht“.

 

Meine Empfehlung

Versuchen Sie, aus Ihrem eigenen Ärger zu lernen und auch über Ihre eigenen Grenzen, Wünsche und Bedürfnisse mehr zu erfahren. Den Antrieb des Ärgers positiv für sich zu nutzen lernen braucht zwar etwas Übung, ist aber durchaus machbar. Es ist weder sinnvoll, den Ärger zu unterdrücken, noch ist es ratsam, unbedacht aus der Emotion heraus zu handeln und Kurzschlussaktionen in einem unkontrollierten Wutausbruch zu setzen. Fragen Sie sich lieber, ob diese Situation in den nächsten fünf Jahren einen Einfluss auf Sie hat. Wenn Sie diese Frage mit „nein“ beantworten können, dann zahlt sich ein Ärger auf gar keinen Fall aus. Versuchen Sie, eine Distanz zu Ihrem Ärger aufzubauen. Das Gefühl des Ärgers können Sie nicht verhindern, aber wie Sie mit dem Gefühl umgehen und wie Sie darauf reagieren, das können Sie steuern lernen.